Zaubernuss (bot. Hamamelis) als „Rescue-Therapie“ der Kopfhaut bei Alopezie

Prof. Dr. med. Ralph M. Trüeb, Dermatologische Praxis und Haarcenter Professor Trüeb, Zentrum Wallisellen, Bahnhofplatz 1A, 8304 Wallisellen, www.derma-haarcenter.ch

Hamamelis virginiana (Virginische Zaubernuss)

    Patienten mit Haarausfall und Alopezie klagen häufig auch über Probleme der Kopfhaut, die für eine erfolgreiche Therapie im Behandlungsprogramm mit zu berücksichtigen sind. Im Vordergrund steht die Klage über eine empfindliche Kopfhaut, wobei dieser verschiedene Ursachen zugrunde liegen können: eine atopische Hautdisposition mit Neigung zu Sebostase, Irritation und Ekzem, Typ IV-Sensibilisierungen gegenüber bestimmten Shampoo-Inhaltsstoffen, wie Cocamidopropylbetain und Konservierungsstoffen, Hauttrockenheit im Alter (Alterssebostase), intensive chemische Haarbehandlungen, sowie spezifische dermatologische Kopfhauterkrankungen, wie seborrhoisches Ekzem, Psoriasis und ihre Therapie-bedingten Folgezustände, vornehmlich durch längere Anwendung Kortikosteroid-haltiger Externa.

    Beim Zustand der auf eine übliche anti-ekzematöse bzw. anti-seborrhoische Therapie refraktären Rötung der Kopfhaut mit Empfindung von Juckreiz und Brennen ohne nosologische Zuordnungsmöglichkeit zu einer spezifisch dermatologischen Erkrankung, spricht man vom „Red Scalp“-Syndrom. Einerseits treten die unangenehmen Symptome der empfindlichen Kopfhaut, wie Juckreiz, Brennen und Spannungsgefühl, nach Auftragen von Haarwuchsmitteln in Erscheinung und sind dann auf eine austrocknende und irritative Wirkung des in den Lotionen enthaltenen Alkohols und/oder Lösungsmittels Propylenglykol zurückzuführen. Andererseits wird das „Red Scalp“-Syndrom typischerweise im Bereich der UV-Strahlung maximal exponierten Vertexalopezie beobachtet und als eine pathogenetisch der Rosacea nahe stehenden, chronischen, UV-bedingten Schädigung der Kopfhaut interpretiert.1 Zudem häufen sich die Hinweise darauf, dass die UV-Strahlenexposition sich neben der Schädigung der Haut auch auf das Haarwachstum negativ auswirkt,2 vermutlich durch Generierung reaktiver Sauerstoffspezies bei gleichzeitig erhöhter Empfindlichkeit der Haarpapillefibroblasten auf oxidativen Stress.3

    Hochwertige Haarpflegeprodukte auf der Basis von (Virginischer) Zaubernuss, bot. Hamamelis (virginiana), sind speziell entwickelt worden zur Pflege und Behandlung der empfindlichen Kopfhaut. Das hochwertige Shampoo setzt sich aus Hamamelis virginiana-Extrakt und einer milden Shampoo-Tensidgrundlage zusammen, die frei ist von Cocamidopropylbetain und Parabenen.

    Die zweimal täglich Anwendung topischer 2 bis 5%-iger Minoxidil-Produkte in einer alkoholisch-wässrigen Grundlage zur Behandlung der androgenetischen Alopezie führt erfahrungsgemäss häufig zu Irritationserscheinungen der Kopfhaut, die sich auf die Patientencompliance negativ auswirken können. Vielfach werden die Beschwerden der Patienten und die Rötung der Kopfhaut als seborrhoisches Ekzem fehl interpretiert und mit irritierenden Antischuppen-Shampoos oder topischen Kortikosteroiden in alkoholischer Grundlage (Scalp Applications) behandelt, was die Problematik nur weiter zuspitzt. Vielmehr eignet sich als Begleittherapie zum topischen Minoxidil in der Behandlung der androgenetiche Alopezie eine reizarme Shampoobehandlung auf der Basis von Hamamelis. Ebenso eignet sich Hamamelis Shampoo im Rahmen einer „Anti-Aging“-Behandlung des alternden Skalps, z.B. in Kombination mit Melatonin Liquid Formulation und Grüntee UV-Haar-Schutzspray.4

    Die positive Wirkung ist hauptsächlich  auf das im Shampoo enthaltene Hamamelis virginiana zurückzuführen, einer in der Behandlung von Wunden, Entzündungszuständen der Haut, Ekzemen und Juckreiz bewährten Heilpflanze aus der nordamerikanischen Ethnomedizin: Hamamelisextrakt, gewonnen durch das Aufkochen der Zweige und Äste, wurde bereits von den Indianern Nordamerikas vielfältig angewendet, besonders zur Behandlung von Blutungen, Schnitt- und Kratzwunden, Prellungen, sowie äußerlichen Entzündungen.5 Hauptwirkstoffe sind die in Hamamelis enthaltenen Flavonoide und Tannine, die eine reiche natürliche Quelle von Antioxidantien und Radikalfänger darstellen.6

    Während die Virginische Zaubernuss im 18. Jahrhundert zunächst als beliebtes Ziergehölz nach Europa gelangte,7 das zu den wenigen Arten gehört, die in den Wintermonaten Januar und Februar blühen, werden aus ihr heute folgende wirtschaftlich genutzte Arzneidrogen gewonnen, die folgende wichtige Inhaltsstoffe und Verwendung aufweisen:8

Arzneidroge: Herstellung: Inhaltsstoffe: Verwendung:
Hamameliswasser (Hamamelidis aqua) Wasserdampfdestillat der frisch geschnittenen oder teilweise getrockneten Zweige bzw. Blätter. ätherisches Öl Hamameliswasser wird zur Wundbehandlung und in der Kosmetik eingesetzt.
Hamamelisrinde (Hamamelidis cortex) Wasserdampfdestillat der getrockneten, zerkleinerten Rinde der Stämme und Zweige. Gerbstoffe (ca. 8–12%), wie zum Beispiel Hamamelitannin und freie Gallussäure. Außerdem ätherisches Öl, Ellagitannin und Flavon-glykoside Verwendung bei Zahnfleisch- und Mundschleimhautent-zündungen sowie leichten Hautverletzungen, Hämorrhoiden und Krampf-aderbeschwerden. Bestandteil in zahlreichen Cremes, Salben oder anderen Arzneifertigpräparaten.
Hamamelisblätter (Hamamelidis folium) Wasserdampfdestillat der getrockneten Hamamelisblätter Gerbstoffe (ca. 3–8%), besonders Hamamelitannin sowie einfache und oligomere Proanthocyanidine, ätherisches Öl (Ionon, Safrol), Flavonoide und Kaffee-säurederivate. Verwendung bei leichten Hautverletzungen, lokale Entzündungen der Haut und Schleimhäute, Hämorrhoiden und Krampfaderbeschwerden

Mit den Hamamelis Haarpflegeprodukten stehen die Vorzüge von Hamamelis virginiana nun auch für die Behandlung der Kopfhaut zur Verfügung, insbesondere im Zusammenhang mit der topischen Minoxidil-Therapie der androgenetischen Alopezie und dem alternden Skalp.

Referenzen

  1. Oberholzer PA, Nobbe S, Kolm I, Kerl K, Kamarachev J, Trüeb RM. Red scalp disease--a rosacea-like dermatosis of the scalp? Successful therapy with oral tetracycline. Dermatology 2009;219:179-81
  2. Trüeb RM. Is androgenetic alopecia a photoaggravated dermatosis? Dermatology 2003;207:343-8
  3. Bahta AW, Farjo N, Farjo B, Philpott MP. Premature senescence of balding dermal papilla cells in vitro is associated with p16(INK4a) expression. J Invest Dermatol 2008;128:1088-94
  4. Trüeb RM. Pharmacologic interventions in aging hair. Clin Interv Aging 2006;1:121-9
  5. Frans Vermeulen: Prisma. Ähnlichkeiten und Parallelen zwischen Substanz und Arzneimittel. Emryss, Haarlem 2006, ISBN 978-90-76189-17-8.
  6. Reuter J, Wölfle U, Korting HC, Schempp C. Which plant for which skin disease? Part 2: Dermatophytes, chronic venous insufficiency, photoprotection, actinic keratoses, vitiligo, hair loss, cosmetic indications. J Dtsch Dermatol Ges 2010;8:866-73
  7. Joseph-Amedee Lathoud: Materia Medica, Barthel & Barthel, 1996, ISBN 3-88950-017-X
  8. Willibald Pschyrembel: Pschyrembel Naturheilkunde und alternative Heilverfahren. 3. Auflage. De Gruyter, Berlin 2006, ISBN 3-11-018524-5